Initiative Neue Globale Perspektive 
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 E-Mail vom 29.09.2009
 
 
 
Liebe Freundinnen und Freunde,
Schwarz/Gelb 48,4
Rot/Grün/Rot 45,6
Was bedeutet das?
Der   Wähler hat sich für eine neoliberale Politik entschieden, gegen eine   sozialere Politik. Daran gibt es nichts zu deuteln. Das ist Demokratie.   Eine bittere Kröte, die es zu schlucken gilt.
Aber wie ist das Wahlergebnis zustande gekommen?
Wir   durchleben gerade eine fundamentale Finanz- bzw. Wirtschaftskrise. Die   Vergangenheit und Erfahrungen in anderen Ländern haben gezeigt, dass  der  Wähler sich in solchen Zeiten konservativen Parteien zuneigt, da  die  Angst vor Arbeitsplatzverlust die soziale Frage dominiert. -  "Unterm  Strich, zähl ich". Befeuert durch Guidos Wahlslogan: "Wer  arbeitet muss  mehr in der Tasche haben, als der, der nicht arbeitet".  Damit zieht er  schon seit Jahren durch die Lande. Aber kann dann Hartz  IV "Armut per  Gesetz" sein?
Beleuchten wir nun einmal näher, für was sich der Wähler entschieden hat. Was ändert sich unter Schwarz/Gelb?
Die   FDP wird mit Sicherheit keine Mindestlöhne gegen die CDU durchsetzen.   Sie wird keinen Widerstand bei der Laufzeitverlängerung für   Atomkraftwerke leisten. Sie wird sich nicht für eine Bildungsreform   stark machen, die die Chancengleichheit unseres Bildungssystems erhöht.   Dazu ein Auszug aus dem "Industriepolitischen Papier" aus dem Haus von   Wirtschaftsminister zu Guttenberg: "...im Bildungsprozess ist das   maßgebliche Qualitätskriterium....die nachhaltige   Arbeitsmarktverwertbarkeit." Das ist zwar ein Arbeitspapier der Union,   aber die ziehen wohl am selben Strang.
Vielmehr wird sie sich für   eine Privatisierung des Gesundheitswesens stark machen. Angela Merkel   sagt zwar noch, sie würde den Gesundheitsfond nicht rückgängig machen.   Aber da können wir uns wahrscheinlich auf die übliche Salamitaktik   einstellen (....der Gesundheitsfond wird nicht rückgängig   gemacht............an der einen oder anderen Stelle müssen wir   doch.............wir müssen uns wohl auf gröbere Einschnitte......der   Gesundheitsfond lässt sich nicht..............Rot/Grün (Ulla Schmidt)   hat das Gesundheitswesen derartig ruiniert, dass wir uns gezwungen   sehen....).
Die Schere zwischen Arm und Reich wird sich weiter   öffnen. Was dies für die Arbeitslosen, Familien, deren Kinder und uns   bedeutet, lässt sich jetzt schon an der zunehmenden Gewalt ablesen. Ein   Zusammenhang, den nur noch Konservative bestreiten, aber dazu an  anderer  Stelle mehr.
Belassen wir es bei den zentralen Themenfeldern   Arbeitsmarkt, Bildungswesen, Atomkraft und Gesundheitswesen. Das sind   also gravierende Veränderungen zu erwarten. Ob das wohl die ca.   2.000.000 mit der SPD sympathisierenden Nichtwähler gewollt haben? Wenn   sie sich darüber im Klaren gewesen wären mit Sicherheit nicht. Es ist   übrigens ein alter Trick, die Wähler zu einem Denkzettel durch Nichtwahl   zu animieren, denn das geht weniger zu Lasten der konservativen   Parteien, wie am vergangenen Sonntag zu beobachten war. Das hat einen   einfachen Grund. Den konservativen Stammwählern war die CDU in der   Koalition zu sozialdemokratisch (Familien-, Bildungs- und   Arbeitsmarktpolitik). Übrigens nicht, weil Angela Merkel   sozialdemokratisch denkt, sondern zum einen auf Druck der SPD und zum   anderen weil mittlerweile die Mehrheit die von Renate Schmidt (SPD)   ausgearbeitete Familienpolitik will. Ein Beispiel aus der Vergangenheit.   Bismarck galt lange , manche glauben das heute noch, als Vater der   Sozialgesetze. In Wirklichkeit war er entschiedener Gegner der   Sozialdemokratie und auch der Sozialpolitik und hat die Gesetze nur in   einem solchen Masse durchgeführt, dass er die SPD dadurch klein halten   konnte. Das gleiche Strickmuster lässt sich unter vielen anderen Punkten   beim Wahlrecht der Frauen, im Parteiprogramm der SPD schon Anfang des   letzten Jahrhunderts, sowie bei der Gleichberechtigung der Frauen im   Grundgesetz (auf Druck der SPD), ablesen. Man kann getrost so   formulieren, die SPD will die Gesellschaft sozialer gestalten, wird   zuerst vom konservativen Lager bekämpft und verbal verprügelt, und   sobald sich die Bürger für diese Ideen erwärmen (verstehen), wird auf   den sich anrollenden Zug aufgesprungen. So entsteht Sozialpolitik im   Schlafwagentempo.
Anders herum gilt. Den SPD-Wählern war die SPD   nicht links genug. Was spätestens auf den zweiten Blick nicht mehr so   ganz einleuchtet, wenn man sich vor Augen führt, was sich in der   Richtung der Politik jetzt ändert. Also haben die "Denkzettler" indirekt   Schwarz/Gelb gewählt. Ironischerweise gerade die Politik, die sie  nicht  wollten.
Wer also zwischen SPD und den Konservativen nicht   unterscheiden kann, interessiert sich nicht oder nur mäßig für Politik   und hat daher eine eingeschränkte Ahnung, lügt, dass sich die Balken   biegen oder hat mit der sozialen Frage rein gar nichts am Hut. Von   nachhaltiger Politik ganz zu schweigen.
Warum haben so viele nicht gewählt?
Dazu aus einer ausufernden Liste zwei Beispiele.
Günter   Wallraff am 24.09.09 bei Maybrit Illner: "......die SPD soll sich in   der Opposition regenerieren." und später "das Schlimmste was passieren   kann ist Schwarz/Gelb". Leicht verstörend, denn sobald die SPD in der   Opposition ist, regiert Schwarz/Gelb (wie geschehen). Ist ja so   schwierig nicht zu verstehen. Hat aber eine verheerende Wirkung auf   Menschen, die sich der Inhalte nicht bewusst sind. Die Verwirrung ist   dann grenzenlos. Und die Wut auf die Politik insgesamt lässt sich   trefflichst durch Wahlverweigerung abarbeiten.
Noch deutlicher im   folgenden Beispiel. Gregor Gysi auf Marktplätzen und in Talk-Shows: "Die   SPD ist von der CDU nicht mehr zu unterscheiden und Deutschland  braucht  keine zweite CDU". Das ist nicht nur lächerlich, wenn man sich  mit den  Inhalten auseinandersetzt, sondern hochgradig verleumderisch  und dadurch  treffsicher entlarvend. Gänzlich zum Vorschein kommt dieses  perfide  Spiel durch eine Aussage von Gysi nach der Wahl: "Deutschland  braucht  ein Korrektiv, wir sind das Korrektiv und das braucht man  einmal mehr  und einmal weniger. Dieses Mal hat man es mehr gebraucht."  Wie bitte?  Wir wollen das nicht übersehen, er hat den Wechsel von  Scharz/Rot zu  Schwarz/Gelb kommentiert! Und welche inhaltlichen  Änderungen das  bedeutet, muss ihm klar sein und ist es auch. Denn  jeder, der sich mit  Politik beschäftigt, beruflich obendrein  (Journalisten,  Politikwissenschaftler etc.), kann sehr wohl zwischen  den Richtungen  unterscheiden. Sicherlich die Herren Gysi, Bsirske,  Huber, Sommer,  Spreng, Jörges, Wagner, Lafontaine etc. Ganz bestimmt  auch die Damen  Will, Lötzsch, von der Leyen, Wagenknecht, Merkel etc..  Bei Alice  Schwarzer bin ich mir da allerdings nicht so ganz sicher.  Aber was für  den Normalbürger gilt, gilt im besonderen Maße für die  stellvertretend  Vorgenannten: Wer also zwischen SPD und den  Konservativen nicht  unterscheiden kann, interessiert sich nicht für  Politik und hat daher  keine Ahnung, lügt, dass sich die Balken biegen  oder hat mit der  sozialen Frage rein gar nichts am Hut. Von  nachhaltiger Politik ganz zu  schweigen.
Der Wahlkampf der SPD
Über  den Wahlkampf zu  lamentieren ist überflüssig. Die Wahl war nicht zu  gewinnen. Die SPD  wurde systematisch zwischen den Blöcken Links und  Rechts zerrieben. Ich  zitiere noch einmal Gysi: "Die SPD ist von der  CDU nicht mehr zu  unterscheiden und Deutschland braucht keine zweite  CDU."  (Inhalte!!!!!!!!!!!) Die andere Seite schmeißt die SPD in den  Topf der  Umverteiler (zu den Linken), behauptet aber gleichzeitig, die  SPD sei  nicht mehr sozial wegen der (leider notwendigen) Agenda 2010,   verschweigt wenn irgend möglich an der Agenda 2010 beteiligt gewesen zu   sein, und verschweigt vollständig, dass eben die konservativen Parteien   viel tiefer ins soziale Netz schneiden wollten.
Liegt nicht da der   Hauptgrund für die Wahlverdrossenheit? Was soll denn ein Wähler denken,   wenn die Einen sagen, die anderen sind Scheiße und umgekehrt. Aber die   SPD hat irgendwie bei allen den Schwarzen Peter.
Ich sage dies   noch einmal ganz deutlich. Die inhaltlichen Unterschiede und  politischen  Ziele zwischen SPD und den Konservativen sind derart  unterschiedlich,  dass dies nur jemand nicht bemerken kann, wenn kein  Interesse an Politik  vorhanden ist.
Dass die Konservativen auf  der SPD herumklopfen  ist klar. Denn sie wollen die politischen Ziele  der SPD nicht. Dass das  zusätzliche Herumklopfen der Linken, das sich  zweifelsfrei als  verleumderisch entlarven lässt, wenn man auf die  Inhalte schaut, und  leider auch von Teilen der Grünen, die weit weniger  sozial sind, als sie  vorgeben, hält die SPD auf Dauer, ich fürchte  schon bald, nicht mehr  aus.
Cui bono
Die Frage Cui bono? (  Wem zum Vorteil?) -  gelegentlich auch als „Qui bono?“ ("qui" ist die  vorklassische Form von  "cui") zitiert -, ist ein geflügeltes Wort, mit  dem ausgedrückt wird,  dass bei einem Verbrechen der Verdacht am ehesten  auf denjenigen fällt,  der daraus den größten Nutzen zieht.
Wer  am vergangenen Sonntag  den Wahlausgang bejubelt hat, somit den  Paradigmenwechsel in der  deutschen Politik, hat mit einer sozialeren  Politik nichts oder nur  mäßig etwas am Hut.
Vor allem die Linke ist  eine Nebelkerze vor der  SPD. Sie ist dazu da, die SPD zu verhindern.  Und das hat bestens  geklappt. Chapeau.
lg volker